Cessante causa cessat effectus
Wie sichern wir den sozialen Frieden, kommen dem Bedürfnis auf erschwinglichen Wohnraum nach, erfüllen die Anforderungen von wachsenden Städten und erhalten die bestehenden Strukturen, die doch das Leben in den einzelnen Kiezen attraktiv machen? Welche Kompromisse werden ökologisch erforderlich, da zweifelsfrei neue Baugebiete zu mehr Versiegelung führen, aber auch die innerstädtische Verdichtung nicht ohne klimatische Folgen bleibt und damit Nachteile für die bisherigen Bewohner hat?
Mietpreisbremse und Mietendeckel
Die Diskussion um die Verabschiedung eines weiteren Gesetzes zur Begrenzung der Miethöhe – „Mietpreisbremse“ – ist von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung und wurde laut ZDF-Politbarometer vom 14.11.2014 von 69% der Bevölkerung in der Bundesrepublik als sehr wichtiges Projekt der Bundesregierung angesehen. Nachdem zahlreiche Landesregierungen von der in § 556d Abs.2 S.1 BGB zu ihren Gunsten geregelten Ermächtigungsgrundlage – teilweise auch unwirksam (für NRW: AG Köln – Urteil vom 15.2.2019 – 208 C 188/18; für BW: AG Stuttgart – Urteil vom 30.10.2018 – 35 C 2110/18; für Bayern: LG München I, Urt. v. 06.12.2017 – 14 S 10058/17; für Brandenburg: AG Potsdam, Urt. v. 27.09.2018 -23 C 93/17; für Hamburg: LG Hamburg, Urt. v. 14.06.2018 – 333 S 28/17; für Hessen: LG Frankfurt, Urt. v. 27.03.2018 – 2/11 S 183/17 ) – Gebrauch gemacht haben (siehe zusammenfassend: https://www.haufe.de/thema/mietpreisbremse), reißt die Besorgnis um weitere Preissteigerungen nicht ab. Eine Nachbesserung erfolgte zum 1.1.2019 mit dem Mietrechtsanpassungsgesetz, das im Kern der Kritik nachgeht, dass bisher Vermieter nur auf Aufforderung des Mieters Auskunft über die Vormiete erteilen mussten und die Modernisierungsumlage von bisher 11 auf 8 % reduziert wurde.
Angesichts von Zweifeln der gesetzlichen Regelungen werden seit dem auch Forderungen nach Enteignungen laut. Zudem versucht sich das Land Berlin an einer starren Preisbremse, dem sogenannten Mietendeckel, der noch im Jahre 2019 als „Berliner Mietengesetz“ Gestalt annehmen, rückwirkend zum 18.6.2019 gelten und zum 1.1.2020 verabschiedet werden soll.
Welche preislichen Regeln benötigt der deutsche Wohnungsmarkt?
Der Autor – Jurist, Immobilienökonom (M.Sc.), Chartered Surveyor (FRICS) und Mediator (M.A.) – gehört weder einem Interessenverband noch einer politischen Partei an und widmet sich dem aktuellen Thema aus wissenschaftlichem Interesse, das von der TU-Berlin –Fachgebiet Stadt-und Regionalökonomie- begleitet wird. Die Forschung wird finanziell nicht unterstützt.
Dieser Wissenschaftsblock richtet sich an die beteiligten Fakultäten, alle betroffenen Interessenvertretungen und Forschungseinrichtungen sowie an die Anwender wie Gemeinden, Gerichte und soziale Einrichtungen. Ziel ist es, durch die Aufnahme von Anregungen verschiedenster Beiträge die anhaltende und immer wiederkehrende Diskussion durch eine Versachlichung zu bereichern und in der Form zu vertiefen, dass für aktuelle und zukünftige Maßnahmen Kriterien entwickelt werden, anhand derer der Nutzen entsprechender Preisbindungen messbar wäre und damit prognostiziert werden könnte. Der Block ist damit kein Ort des Austausches weltanschaulicher Optionen sondern dient der Klärung einer fachlich wissenschaftlichen Frage.
Relevant werden ökonomische ebenso wie soziologische und auch ökologische Aspekte, wenn zum Beispiel entgegen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie vorgeschlagen wird, die Wohnungsnot in den Ballungsräumen mit neuen Versiegelungen im Außenbereich zu bekämpfen. Wie ist dieser gesellschaftliche Zielkonflikt zu lösen? Sind die aktuellen Grenzen ausreichend oder bleiben sowohl aktuelle als auch beabsichtigte hinter dem erforderlichen zurück? Fehlt einem zukünftigen Gebot eine angemessene Sanktion? Wenn die Regelung einerseits „nimmt“ muss sie durch ein anderweitiges „geben“ flankiert werden, um als Instrument der Wirtschaftslenkung ausgewogen zu sein?
Auch werden die bestehenden Regelungen und die dortigen Fragen behandelt. Welche prozessuale Tragweite hat ein – qualifizierter – Mietspiegel, welche Anforderungen hat er zu erfüllen? Wie wirken die Länderverordnungen, die kürzlich zur Reduzierung der Kappungsgrenze verabschiedet wurden und liegen in den betroffenen Gebieten die tatbestandlichen Voraussetzungen vor? Gefragt wird auch, welche weiter zurückliegenden, zwischenzeitlich wieder aufgehobenen Maßnahmen welche Effekte erzielt haben und welche Marktsituation vor und nach diesen Maßnahmen vorlag. Hat sich das Verständnis von Wohnungsnot oder angespannter Wohnungsmarkt geändert?
Auf welche internationalen und historischen Erfahrungen kann zurückgegriffen werden? Können wir hieraus überhaupt Schlüsse ziehen, wenn z.B. Mietregulierungen andernorts erst bei Gebäuden mit mehr als sechs Geschossen greifen, also eine andere Qualität innerstädtischer Verdichtung erreicht wurde? Sind möglicherweise im Interesse eines sozialen Ausgleichs schärfere Regulierungen angemessen und eine damit einhergehende geringere Wohnqualität hinzunehmen wie ein Bericht der OECD vermuten lassen könnte?
Besprochen werden soll ferner, wen die Preisgrenzen treffen, wer von ihnen profitiert und ob staatlich verursachte Preissteigerungen Wohnungsknappheit den Weg bereiten oder die Kommunen bereits jetzt überfordert sind, weil ihnen das Geld für die Erstellung qualifizierter Mietspiegel fehlt. Schützen sie vor Gentrifizierung oder können sie das lichte Scheinen des „Triumph of the City“ nur etwas dämpfen bevor die demografische Entwicklung endgültig ein neues Kapitel des Wohnens aufschlägt? Wie messbar wirksam sind und waren Preisgrenzen für den Wohnraum im Verhältnis zu anderen Faktoren wie Konjunktur, Bevölkerungsentwicklung, Leerstand, Bautätigkeit, Kaufkraft usw.? Welche Ergebnisse müsste eine Maßnahme liefern, um als Erfolg gelten zu können, der gleichfalls ihr zumindest zeitweises Ende – cessat effectus – bedeuten würde?
Es erfolgt keine Wertung durch den Autor, sondern eine Zusammenstellung der wesentlichen Aspekte, auch im Sinne eines interdisziplinären Zusammenführens. Dies kann als Ergänzung zu tagesaktuellen Ereignissen und Beiträgen oder auch durch eine Gegenüberstellung mit widersprechenden Resultaten, Fundstellen oder Schlussfolgerungen geschehen.